• +49 931 411368
  • Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Der Focusing-Blog

Wenn Kunst und Körpererleben zusammenkommen

Wenn Kunst und Körpererleben zusammenkommen

Boden für Beziehungswachsen - Wenn Kunst und Körpererleben zusammenkommen

 

Ein Beitrag von Freda Blob

Ein Kunstwerk, - das gemalte Bild - , ist wie eine Karte der Welt.

Das Bild ist wie eine Momentaufnahme dessen, wie die Welt für einen bestimmten Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Zeitepoche aussieht. Alles, was die Welt für diesen Menschen ausmacht, ist in der Bildsprache enthalten und spricht aus dem Bild heraus.

Ein Bild, das "Welt" darstellt, enthält Farben und Formen, mit denen ich mich als Betrachter:in identifizieren kann: Farben/Formen, die für ICH HIER stehen; und es enthält Farben/Formen, mit denen ich mich nicht identifizieren kann, Formen die für DU DORT, DIE ANDEREN stehen.

ICH HIER: Das ist, was durch das Bild zu mir spricht (und Teil meiner Welt oder der Welt von Menschen meinesgleichen, meiner Wertegemeinschaft, meiner Kulturfamilie, ist).

DU DORT/DIE ANDEREN: Das ist, was durch das Bild nicht zu mir spricht, und Teil deiner Welt oder der Welt von Menschen ist, die dir ähnlich sind, mit denen Du eine Gruppe bilden oder eine Wertegemeinschaft. Das DU DORT kann auch der/die Künstler:in sein der/die sich im Bild offenbart und mit dem/der ich nichts gemein habe oder haben möchte.

Was DU DORT/ DIE ANDEREN für mich sein kann. Beispiele:
- alles, wozu ich nicht mehr gehören will
- alles, wovon ich nie Teil sein wollte
- alles, was ich überwinden möchte
- alles, was ich endlich hinter mir lassen möchte
- alles, was zu beängstigend ist, um Teil davon zu werden
- alles, was eine Bedrohung für das ist, was ich werden will
- alles, was mir das Gefühl gibt, mich als Person im Werden zu behindern

Ein Bild enthält die Repräsentanten von ICH HIER wie auch von DU DORT/DIE ANDEREN, und dies als visuelle/ästhetische Teile des Ganzen.

Nähert man sich dem Bild mit freundlicher Neugier, Achtsamkeit und aufmerksamen Spürbewusstsein für das ganz Kleine, entsteht womöglich eine neue Art von Welt-Bild.

So kann - erlebensorientiert - das neue Welt-Bild aussehen:


Es ist mir möglich, mit allem was ICH HIER bin (mit den Teilen des Bildes, die meine Welt repräsentieren) und auch mit allem was DU DORT bist (mit den Teilen des Ganzen die DAS ANDERE repräsentieren), zu sein.

Wenn ich die Kunst zu einem Boden der Erfahrung mache, kann ich spüren wie es sich anfühlt ICH HIER zu sein, und offen zu sein für ein MEHR von mir, ohne dass ich mich bedroht fühlen muss.

Die Kunst ist wie ein Erfahrungsrahmen der weit weg genug ist vom Alltäglichen, und Desidentifikation vom Problem geschieht wie nebenbei.


Das MEHR von mir kann zum Beispiel sein: Teil eines größeren Raumes von Mensch-Sein werden, in dem Empathie für verschiedenste Formen der Existenz Platz hat, und dabei ein Gefühl für das Ganze haben und ausbalancieren können; mit allem sein können was da ist an Vielheit und Unterschiedlichkeit ohne dass es Urteile geben müsste; spüren können, wie das Eine in das Andere hinüber geht und Synthese passiert wo ich doch dachte, das Eine und das Andere vertragen sich nicht.

Wenn ich die Künste als Boden für mein Erleben nutze, bin ich immer Akteur:in, nie Ausgelieferte(r). Ich bin Betrachter:in und Schöpfer:in der Momentaufnahme von "Welt", die ein Bild darstellt. Auf der künstlerischen Ebene bin ich befähigt, ein Bild in all seinen Fassetten die die Welt repräsentieren, auf mich wirken zu lassen, es neu für mich zu arrangieren (innerlich, äußerlich) und es für mich gewandelt, wie zum erste Mal zu entdecken.

Vielleicht habe ich zu Anfang einige Teile des Bildes abgelehnt weil sie mich nicht ansprechen, weil sie meinen künstlerischen Geschmack nicht befriedigen und mich stören. Im Prozess von freundlicher Neugier, Achtsamkeit und Spürbewusstsein für das auch sehr Kleine nehme ich diese Teile rezeptiv auf, stelle sie dann an neue Orte hin und verbinde mich dort mit ihnen ganz frisch und unvoreingenommen.

Die neuen Orte, an denen ich diese Teile des Kunstwerks ablege, sind Nährboden für Implizites. Ich kann beobachten, wie sich dieser Boden ausweitet während ich die einzelnen Stücke die ich neu arrangieren will, dort hin stelle. Der Prozess des Ablegens geschieht aus einer körpereigenen Bewegung heraus die den Prozess voranträgt, ohne dass ich für die Bewegung und Richtung die das Ganze nimmt, verantwortlich sein müsste.

All dies geschieht, wenn ich den Körper ins Spiel kommen lasse. Unser Umweltkörper will nicht in Teile aufspalten, sondern ist ununterbrochen und ohne Pause mit allem im Wechselwirken verbunden. Der lebendige Körper nimmt Unterschiedlichstes in Resonanz, trägt es als Ganzes weiter. Der Körper der ich bin, ungetrennt von Umwelt und Mitwelt, ist sich selbst fortsetzende Lebensenergie und kreiiert an meiner statt, wenn ich ihn lasse.

Indem ich meinem Körper vertraue, kann ich ein Kunstwerk in all seinen Teilen (und was diese für mich bedeuten) in einen Ausdruck vielversprechender Co-Kreativität und Co-Existenz verwandeln. Ich kann auf der Symbolebene der Kunst die Welt als einen Ort begreifen, der Platz für viele Welten hat, für die deinige und die meinige.

Das ist Beziehungsermächtigung: Befähigt sein, die eigene Weltsicht und die Weltsicht der anderen zu halten und in der Lage zu sein, zwischen beiden Seiten hin und her zu pendeln, während man auf das reagiert, was die Weltsituation als Ganzes erfordert. Maureen o´Hara hat für diese Befähigung den Begriff „Relationale Empathie“ geprägt.

Im Raum von Focusing und Kunst können wir auf einem Symbolboden erste Gefühlsqualitäten von Relationaler Empathie einpflanzen, unser Sein mit ihnen erkunden und uns an ihnen wachsen lassen.

Mehr zu Maureen o´Hara und Relationaler Empathie: https://cultureofempathy.com/

Mehr zu Focusing mit Kunst: https://focusingatelier.com, https://expressiveartsfocusing.com

Wer Freda Blob erleben möchte: Sie bietet auf der 5. Impulskonferenz einen Workshop zum Thema  "Creative Compassion - Empathie im Raum von Kunst und Focusing (Hands on Workhop)"  an.

 

 Freda

 


Kommentare powered by CComment